aus dem Tagebuch des Giacomo Casanova
28. Juli 2013
Über zweihundert Jahre ist es nun her, seit ich meinen
letzten Atemzug ausgehaucht habe. Zwei Jahrhunderte, in denen das Können längst
vergangen, das Wollen mir aber stets erhalten geblieben ist. Welche Plage,
welche Marter war es in den ersten Jahren, all die begehrenswerten Frauen zu sehen
und gleichzeitig nicht einmal eine Locke ihres Haares berühren zu können. Geisterhaft
und körperlos blieb mir lediglich die Betrachtung und doch habe ich im Lauf der
Zeit ein Vergnügen daran gefunden, das zu Lebzeiten ich mir nicht im
Entferntesten vorzustellen vermocht hätte.
Wenn es jemals etwas gab, das mich interessiert und meine ungeteilte
Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, dann war es das Wesen der Frau. Mit
meinem Tode dem alternden Körper entflohen hatte ich Muße, mich völlig und
ausschließlich dem Studium des anbetungswürdigsten aller Geschöpfe hinzugeben.
Wie oft habe ich sie betrachtet, während das Rad der Zeit sich unaufhaltsam
weitergedreht hat, mit wechselnden Moden und sich ändernden Schönheitsidealen! Das Wesen der Frau mag dabei stets gleich
geblieben sein, ihr erwachendes und später beständig wachsendes
Selbstbewusstsein jedoch hat viele auf eine Art erblühen lassen, die zu meinen
Lebzeiten noch undenkbar gewesen war. Ich will die vergangenen beiden
Jahrhunderte hier nicht Revue passieren lassen, noch will ich bedeutende
Ereignisse schildern. Man mag dies getrost in den Geschichtsbüchern nachlesen.
Meine heutige Betrachtung währt nur einen kurzen Augenblick in der langen
Geschichte weiblicher Offenbarung.
Seit den Zeiten des Homer und seiner Helden waren die
Leibesertüchtigung und der sportliche Wettkampf eine Domäne ausschließlich
zumeist junger Männer. Die Wiederbelebung des olympischen Geistes durch den französischen
Pädagogen und Historiker Pierre de Coubertin Ende des 19. Jahrhunderts öffnete jedoch
den Frauen ein Feld, auf dem sich zu tummeln zu mancher Augenweide geführt
hat, die ich heute nimmer mehr missen möchte. In den letzten beiden Wochen
habe ich unzählige Frauen dabei beobachtet, wie sie ihre Kunstfertigkeit, einen
Ball mit Füßen zu treten, im sportlichen Wettkampf unter Beweis gestellt haben.
Den Liebhabern dieser Beschäftigung sei dies auf das Wärmste empfohlen, denn
jener große Graben, der Männer und Frauen jahrzehntelang getrennt hatte,
existiert längst nicht mehr. Auch wenn heute an den Stammtischen dörflicher
Wirtshäuser noch hie und da die gegenteilige Meinung vertreten wird, so rufe
ich jenen Ignoranten zu, dass sie Narren seien und blind für das, was dem
männlichen Auge eine solche Wohltat beschert.
Vielen würde ich Unrecht tun, ließe ich sie hier unerwähnt
und doch muss ich mich beschränken, um den Leser mit einer unendlich
erscheinenden Liste nicht gar zu sehr zu langweilen. So seien hier Exempel
gegeben, die auch für jene anderen stehen, welche mein Auge ergötzt und mein
Herz erfreut haben. Welch holde Anmut erblüht
auf dem Gesicht einer Louisa Nécib, welch kühle Schönheit zeigt uns Josefine
Öqvist und wie begehrenswert erscheint mir die jugendliche Frische einer Anouk
Hoogendijk? Viele der schönsten Frauen Europas verzaubern uns mit ihrem Spiel,
ihrem Können und ihrem Willen zu triumphieren. Welcher Mann träumt nicht von
der grenzenlosen Leidenschaft begehrenswerter Frauen und wie viel davon sahen wir beim
Wettkampf zwischen Deutschland und Schweden? Mein Herz flog Lena Goeßling zu,
die ob der Anstrengung heftig atmend mit glühenden Wangen und unbeugsamem Blick
ihre Gegenspielerin beobachtete, während sich ihr Busen hob und senkte. So
manches Mal schnalzte ich mit der Zunge, wenn Lena Lotzen, deren Beschreibung
nur eine Ode gerecht werden könnte, ihre Gegenspielerinnen mit artistischer Raffinesse
übertölpelte, einer Kunstfertigkeit, die selbst so manchen gestandenen Innenverteidiger der Bundesliga vor
Neid erblassen ließe. Das herausragende Können einer Stina Lykke Petersen, auf
die ein einziger Blick zu werfen mir genügte, um sie in mein Herz zu schließen,
bescherte den Däninnen mit ihren Paraden und drei gehaltenen Elfmetern den
Einzug ins Halbfinale. Noch seitenweise könnte von der gazellenhaften Schnelligkeit
einer Élodie Thomis, der schier unendlichen Ausdauer einer Simone Laudehr oder
der beeindruckenden Präsenz einer Célia Okoyino da Mbabi schreiben, ohne dabei Dzsenifer
Marozsán, Roberta D’Adda oder Margrét Lára Viðarsdóttir und so viele andere zu
vergessen.
Wie begehrenswert sind all jene, in deren jugendlichen
Körpern die Leidenschaft brennt und welche Anziehung übt der Selbstbewusstsein
versprühende Blick dieser Frauen auf mich aus! Welcher Mann, in dessen Lenden
noch der Trieb sich regt, kann dieses Spektakel, dieses exquisite Schauspiel wetteifernder
und in höchstem Maße appetitlicher Körper, sich entgehen lassen, wenn selbst in mir, der ich doch allen körperlichen Genüssen längst entsagen musste, das
Verlangen ob dieses Anblicks noch immer lodert! Noch einmal rufe ich Euch zu,
dass ihr Narren und unverbesserlich seid, wenn ihr heute Abend dem letzten
Spiel nicht beiwohnen möget, wenn im finalen Wettstreit Schönheit gegen
Schönheit steht und das Auge des Betrachters sich nicht abwenden kann, ohne die
Gefahr heraufzubeschwören, einen erhabenen Augenblick zu verpassen, in der sich
einer jener schönsten Funken der Schöpfung Gottes uns offenbart: eine
leidenschaftliche Frau!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen