Hei, wie lustig das Fett spritzt, wenn jemand ins
Näpfchen springt, nicht wahr, Jan Ullrich? Man solle Lance Armstrong die sieben
wegen Dopings aberkannten Toursiege zurückgeben, weil niemandem damit geholfen
sei, wenn in den Siegerlisten nur Striche stünden, verlautbarte der einstige
Vorzeigestrampler der Telekom-Mannschaft in der Sport-Bild. Die Zeit sei damals
eben so gewesen, so Ullrich weiter.
Der einzige deutsche und noch nicht aus der Siegerliste
gestricheneTour-de-France-Gewinner (1997), der 1997 und 2003 zum „Sportler des
Jahres“ gewählt wurde, ist ein überführter Doping-Sünder. Die religiöse
Komponente dieses Vergehens leuchtet mit nicht ganz ein, denn in meinen Augen
ist Ullrich ein Doping-Betrüger. Er hat nicht wider den Herrn gehandelt, sondern
wider die Bestimmung, die besagt, dass leistungssteigernde Mittel im
sportlichen Wettkampf verboten sind. Wer sie dennoch einsetzt, ist ein
Betrüger. Selbst Ullrich sollte das mittlerweile erkannt haben.
Man mag es Borniertheit nennen, Arroganz,
Unverbesserlichkeit oder schlicht Dummheit. Vielleicht hinkt Ullrichs
Intelligenz hinter der Anzahl seiner Pedalumdrehungen pro Minute zurück,
vielleicht aber liegt dem Ganzen auch ein raffinierter Plan zugrunde.
Möglicherweise wurde Ullrich von zwielichtigen Männern und Frauen angestachelt. Er ist
vielleicht nur die dumpfbackige Speerspitze einer Bewegung, die für ein
uneingeschränktes Rückgaberecht kämpft. Sollte sich Ullrich mit seiner Idee
durchsetzen, dann werden viele andere jubeln. Guttenberg, Koch-Mehrin und
Schavan erhalten ihre Doktortitel zurück, der Fälscher Konrad Kujau bekommt
seine Hitler-Tagebücher wieder und Frankreich das Saarland. Möglicherweise
stecken auch die Anwälte von Uli Hoeneß dahinter und der Vorsitzende des Aufsichtsrats
der FC Bayern München AG wird seine hinterzogenen Steuermillionen behalten.
Ich weiß, ich weiß, für eine Verschwörungstheorie ist das
ziemlich dämlich, aber was soll man machen? Es muss einen Grund geben, warum
Ullrich diese Aussage einem Journalisten in den Block diktiert hat. Wenn man
hier Ursachenforschung betreibt, dann stößt man jedoch auf einen bemerkenswerten Sachverhalt. Im Jahre 2008 hat Ullrich einen Prozess gegen Günther
Dahms, den früheren Chef des
Coast-Rennstalls, gewonnen, weil Dahms die Zahlungen aus einem Drei-Jahres-Vertrag zwischen Ullrich und Coast mit der Begründung eingestellt
hatte, Ullrich habe im ersten Quartal 2003 gedopt. Ullrich hat diese Vorwürfe
damals vor Gericht unter Eid bestritten und so den Prozess gewonnen, der ihm
340.000 Euro plus Zinsen eingebracht hat. Knut Marel, der damalige Anwalt von
Dahms, will Ullrich jetzt wegen Falschaussage anzeigen und dem einstigen
Pedaleur droht bei einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von nicht weniger
als einem Jahr. In diesem Licht betrachtet, handelt Ullrich äußerst klug. Er
kann nicht verurteilt werden, wenn seine Unzurechnungsfähigkeit festgestellt
wird. Mit seinen geistigen Arschbomben in die Fettnäpfchen tut er zumindest
alles dafür.