Viel zu oft höre oder lese ich Sätze, bei denen ich mich
frage, ob der Sprecher oder Schreiber einen Schulabschluss besitzt, der das
Fach Deutsch einschließt. Ich meine hier nicht Otto Normalverbraucher oder ganz
allgemein Menschen, für die Sprache lediglich ein Mittel zur Kommunikation ist.
Ich schreibe hier von Leuten, denen die deutsche Sprache als Broterwerb dient
und von denen man annehmen sollte, dass sie diese Sprache auch beherrschen, in
der sie sich auszudrücken versuchen. Die Rede ist von Journalisten.
Wer nicht gerade als Quereinsteiger für die Medien arbeitet,
hat meist Journalismus, vielleicht auch Germanistik studiert. Warum diese
Hochgebildeten jedoch mit Nachdruck den Niedergang der deutschen Sprache
vorantreiben, ist mir ein Rätsel. Vielleicht finden sie es cool, wenn ihr
Geschwafel so klingt, als wäre Deutsch ihre erste Fremdsprache. Sie ahnen
vermutlich nicht einmal, dass es nicht cool, sondern einfach nur dämlich ist.
„Mario Götze, Sie
haben noch Vertrag bis 2014“, hörte ich einen Journalisten beim Interview mit
einem talentierten Fußballspieler sagen. Sie haben noch Vertrag? Wo ist der an
dieser Stelle notwendige unbestimmte Artikel „einen“ geblieben? Alle Fußballer
haben mittlerweile Vertrag. Man hört es ständig und fragte sich zwangsläufig, ob ein korrekt
gebildeter Satz die geistigen Fähigkeiten eines interviewten Sportlers
überfordern würde oder die des Journalisten. „Und Sie, Herr Journalist“, möchte
ich erwidern, „haben Sie noch Arbeitgeber?“
„Die deutsche Mannschaft, sie ist auf dem Platz“, erklärt
uns ein anderer. Woher kommt dieses
völlig überflüssige „sie“? Welchen Sinn hat diese merkwürdige Satzkonstruktion
und was will der Journalist damit ausdrücken? Warum ist sie plötzlich so sehr
in Mode gekommen, nicht nur im Sport, sondern generell („Der Wald, er erholt
sich“ oder „Die Antarktis, sie wird kein Naturschutzgebiet“)?
Irgendjemand muss den Journalisten beigebracht haben, dass
eine Frage durch das Wort „wie“ gekennzeichnet ist und seither stürmen die Pressevertreter
mit ihren rhetorischen Scheuklappen durch den Mediendschungel, ohne nach rechts
oder links zu sehen. Beim Interview mit dem CSU-Abgeordneten Manfred Weber
fragte der Vertreter der Südwest-Presse: „Wie überrascht sind Sie von der
Ausspäh-Affäre?“ Kann Herr Weber diese Frage überhaupt vernünftig beantworten?
Welche Facetten bietet Überraschung, aus denen man auswählen kann? Noch weniger verständlicher ist die Frage eines Vertreters von op-online: „Herr Müller,
wie groß ist die Enttäuschung bei Ihnen, jetzt, fünf Tage nach der Wahl?“ Was
soll Herr Müller erwidern, einen Metzer sechsundsiebzig vielleicht? In welcher
Einheit misst man Enttäuschung?
Gestern stach mir eine Schlagzeile bei web.de ins Auge und
ich bin froh, dass ich keine Verletzung davongetragen habe. In großen Lettern
stand zu lesen: Kann Lena „Supertalent“? Ich konnte es kaum glauben und las die
Zeile noch einmal: Kann Lena „Supertalent“? Wer Lena ist, interessiert mich
nicht, doch ich möchte dem Verfasser dieser Schlagzeile entgegenrufen: „Hast du
deutsch?“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen