Montag, 9. September 2013

Berichtigen Sie Fehler

Der Sommer geht langsam zu Ende und der KUGELKOPF kehrt zurück. Die letzten Wochen hätten ruhig und entspannt verlaufen können, wäre da nicht diese Kleinigkeit zu erledigen gewesen. Als Selbstverleger (Neudeutsch: Selfpublisher) hat mich Amazon aufgefordert, meine Steuerdaten bis zum 25.10.2013 zu aktualisieren, da sonst keine weiteren Tantiemen gezahlt werden würden. Nichts leichter als das, dachte ich mir, denn als Unternehmer führe ich seit vielen Jahren meine Bücher selbst, erarbeite meine Steuererklärungen ohne fremde Hilfe und kenne mich deshalb in dem Metier ein wenig aus. Weit gefehlt! Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, welche Schwierigkeiten dabei auftreten können und wie viel Nerven mich das kosten würde.

Nichts Böses ahnend klickte ich das elektronische Formular auf der entsprechenden Amazon-Seite an. Die ersten Fragen, ob ich US-Bürger und/oder in den USA steuerpflichtig sei, waren schnell und einfach beantwortet. Da ich beides verneinte, wurde ich auf Seite 4 aufgefordert, meine persönlichen Daten einzugeben. „Wenn Sie eine Einzelperson sind, geben Sie Ihren vollständigen Namen ein.“ stand da zu lesen und darunter „Initialen des ersten und zweiten Vornamens“. Ja, was denn nun? Ich entschied mich für das einfache „RALF“ beim Vornamen und trug die vier Buchstaben in das entsprechende Feld ein, danach „KURZ“ beim Feld für den Nachnamen. Meine Adresse (Straße und Hausnummer, Postleitzahl und Ort, Bundesland und Staat) waren bereits voreingetragen, da Amazon diese Daten von mir bereits besitzt. Nachdem ich diese Adresse als gültig erklärt hatte, klickte ich auf „Fortfahren“.

„Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ Die Meldung kam überraschend und so überprüfte ich meine Eintragungen „RALF“ und „KURZ“. Beides war richtig geschrieben, doch dann fiel mein Blick auf „Initialen des ersten und zweiten Vornamens“. Aha, dachte ich, löschte meinen Vornamen und gab lediglich ein „R“ ein, da mein zweiter Vorname bei Amazon nicht bekannt ist. Ein Klick auf „Fortfahren“ und …

„Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ Das war es also nicht. Ich gab zwei Initialen ein, klickte auf „Fortfahren“ und erhielt die Meldung: „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ Ein wenig genervt setzte ich jeweils einen Punkt nach dem entsprechenden Buchstaben, klickte abermals auf „Fortfahren“ und …  „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ Dann also keine Punkte! Ich versuchte es mit Leerzeichen - „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – mit Kommas - „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – mit Kleinbuchstaben - „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – schrieb beide Vornamen aus - „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ – kehrte zur vorherigen Seite zurück und versuchte es erneut. Jede meiner Eingaben wurde mit „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“ quittiert.

Ich fuhr nicht fort, sondern langsam aus der Haut. Vor Ärger vor mich hin grummelnd überprüfte ich alle Angaben. Ab und zu war die Meldung aufgetaucht: „Es dürfen nur Buchstaben, Ziffern und die Sonderzeichen & - , ' / # . % verwendet werden.“ Ich hatte jedoch kein einziges Zeichen verwendet, das diesen Anforderungen widersprochen hätte. Nach einer Stunde schließlich gab ich auf. Ich hatte es nicht geschafft, meinen Namen auf eine Art einzugeben, die das Programm bewogen hätte fortzufahren. Um Hilfe bittend wandte ich mich in einer eMail an Amazon und schilderte mein Problem, das genau betrachtet eigentlich ein Problem von Amazon war. Einen Tag später erhielt ich eine eMail mit folgender Antwort: „Leider kann ich Ihrer E-Mail nicht entnehmen, welche Fehlermeldung Sie konkret erhalten.“

Nur mit Mühe gelang es mir, nicht in die Kante meines Schreibtischs zu beißen. Ich klickte auf „Antworten“ und schrieb eine neue eMail, in der ich ganz ausführlich über mein Problem berichtete. Als ich sie absenden wollte, klärte mich web.de darüber auf, dass die eMail-Adresse ungültig sei und die Antwort nicht verschickt werden könne. Aarrgghhh!!!

Es dauerte einige Minuten, bis Puls und Blutdruck wieder ihr normales Niveau erreicht hatten, doch dann lächelte ich grimmig. So leicht wollte ich mich nicht geschlagen geben! Angriffslustig rief ich die Amazon-Seite wieder auf und versuchte mich erneut an der Eingabe meines Namens für die Steuerdaten. Das Ergebnis war niederschmetternd, denn die Prozedur wiederholte sich auf die gleiche Weise wie zwei Tage zuvor. Ich schaffte es wieder nicht, meinen Namen auf eine Weise einzugeben, die das Programm akzeptieren wollte. Es verging eine weitere Stunde, bis ich schließlich die weiße Fahne hisste.

Die eMail von Amazon endete folgendermaßen: „Habe ich Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet?“ Für beide Varianten JA oder NEIN gab es jeweils eine Internetseite, die im betreffenden Fall anzuklicken wäre. Im Bewusstsein meines Scheiterns klickte ich also die entsprechende Seite an und schilderte mein Problem erneut. Der Tag ging, doch es kamen weder Johnny Walker noch eine Antwort, auch nicht am zweiten Tag, nicht am dritten und nicht am vierten …

Keine Steuerdaten bedeuteten auch keine zukünftigen Tantiemen mehr. Amazon antwortete nicht und ich hatte das Problem noch immer nicht gelöst. Mit wenig Zuversicht setzte ich mich an meinen alten Rechner, der ebenfalls über eine Internetverbindung verfügt, doch ihm gelang es nicht einmal, die gewünschte Seite aufzubauen, während mein Notebook daneben stand und mich hämisch anzugrinsen schien. Aufgeben ist keine Option, dachte ich und ließ bedrohlich die Gelenke meiner Finger knacken. Meine Mordlust in den Hintergrund drängend startete ich den dritten Angriff. Das Durchklicken ging sehr schnell, denn ich kannte die entsprechenden Fragen und Antworten bereits. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ich die Seite „Persönliche Angaben“ erreichte – und vermutlich ahnen Sie bereits, was dann der Eingabe meines Namens folgte: „Bitte berichtigen Sie Fehler, um fortfahren zu können“. Kein Vorname und keine Initialen waren gut genug, um fortfahren zu können. Das Blut rauschte in meinen Ohren und meine Kiefer hatten zu mahlen begonnen. Mit dem letzten Rest Gelassenheit, den ich noch aufbringen konnte, überprüfte ich jede einzelne Angabe, auch die, die vom Programm bereits vorgegeben waren. Nichts, keine Fehler, alles korrekt! Ich wandte mich ab und dachte nach … dachte nach … dachte nach … und vor meinem inneren Auge erschien plötzlich wieder die Erklärung: „Es dürfen nur Buchstaben, Ziffern und die Sonderzeichen & - , ' / # . % verwendet werden.“


Plötzlich traf mich die Erkenntnis mit der Wucht von Thors Hammer. In einem vom Programm selbsttätig ausgefüllten Feld stand der Name des Bundeslandes, in dem ich wohne: BADEN-WÜRTTEMBERG. Mit einer Sicherheit, die den Tiefen des Instinkts entsprang und die keinen Raum für Zweifel ließ, wusste ich plötzlich, dass ich die Lösung gefunden hatte. Amazon ist ein amerikanisches Unternehmen und dort hat man kein Verständnis für das „Ländle“! Mit zitternden Fingern setzte ich mich wieder an meinen Schreibtisch und ersetzte das „Ü“ durch „UE“: BADEN-WUERTTEMBERG. Es kam, wie es kommen musste. Ich klickte auf „Fortfahren“ und die nächste Seite öffnete sich in Sekundenschnelle. Zu Tränen gerührt verabschiedete ich mich von der antiquierten Vorstellung, das „Ü“ könnte ein ganz normaler Buchstabe sein.

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